Kann ein ganzes Auge transplantiert werden?
Schon die Vorstellung tut weh: Ein Messer nähert sich dem Auge und wir wollen nur noch weggucken. Kein Wunder: Es ist eine Ur-Angst, unser Augenlicht zu verlieren. Defekte Augen-Segmente ersetzen – geht das? Wie weit ist die Augen-Chirurgie? Kann man ein ganzes Auge transplantieren?
Kaputte Augenteile ersetzen, geht das?
Was wir vom Auge sehen, ist ein schon hochkomplexes System: Augapfel mit Linse, Iris, Pupille, unsere Lider mit den schönen Wimpern und so weiter. Doch das Wesentliche spielt sich, wie oft im Leben, im Hintergrund ab. In der Netzhaut des Auges (Retina) leisten über 100 Millionen lichtempfindliche Rezeptoren Großes: Sie wandeln den Sehreiz, den Apfel, den wir betrachten, in elektrische Signale um. Das Bild vom Apfel, der rot glänzend vor dir liegt, entsteht nämlich erst im Gehirn. Diese Signale werden dann über den Sehnerv, der aus einer Million feinster Nervenfasern besteht, in das Gehirn übermittelt.
Selbst der beste Chirurg wäre nicht in der Lage, diese Nervenfasern einzeln und richtig mit dem Gehirn zu verbinden. Eine Augapfel-Transplantation brächte also lediglich die Optik, aber keine Sehleistung. Die Transplantation eines ganzen Auges ist deshalb heute und wahrscheinlich auch in ferner Zukunft unmöglich. Ganz anders schaut es da indessen mit der durchsichtigen Hornhaut aus.
Ersatzteil Hornhaut? Läuft längst!
Erstaunlich! Seit über 100 Jahren werden Hornhäute erfolgreich transplantiert. Notwendig wird es, wenn die klare Hornhaut des Auges, z. B. durch eine Verätzung, trübe und undurchsichtig geworden ist. Bei der Operation wird sie herausgeschnitten und eine Spenderhornhaut eingenäht. So kann das kranke oder beschädigte Hornhautgewebe ersetzt und Patient*innen wieder eine klare Sicht ermöglicht werden. Die durchsichtige Hornhaut zu transplantieren ist die häufigste Form der „Augentransplantation“, auch Keratoplastik genannt. Es gibt noch jüngere Verfahren, beispielsweise die Transplantation von Teilen der Bindehaut. Auch Wimpern-Transplantationen werden – mehr aus medizinischen als aus kosmetischen Gesichtspunkten – schon mit Erfolg durchgeführt.
Eihaut ersetzt Hornhaut? Klingt ziemlich irre!
Ein schönes Wort wollen wir dir nicht vorenthalten: Amnionmembran-Transplantation. Genaugenommen keine Transplantation, sondern eine Art Verband oder Auflage. Die Methode klingt sensationell. Wenn ein Stück menschlicher Eihaut, im medizinischen Fachjargon Amnionmembran, auf der Augenoberfläche aufgebracht wird, wirkt sie bei Verätzungen, Verbrennungen wie ein Wundverband. Das funktioniert auch bei schlecht heilenden Gewebeerkrankungen und Geschwüren. Die Eihaut lindert Schmerzen, fördert die Heilung des entzündlichen Gewebes und dient als mechanischer Schutz. Sozusagen ein Augenpflaster mit Selbstheilungskraft, das nach ein bis zwei Wochen wieder abgenommen wird. Überzeugend zudem: Operationen können dank dieser Methode oft vermieden werden.
Eihaut? Ist sie das, was ich denke?
Die Spenderinnen für Amnionmembran-Transplantate sind gesunde Frauen, die ihr Kind durch einen Kaiserschnitt bekommen haben. Sie entscheiden sich vor der Geburt – nach eingehender Beratung und Aufklärung durch den Chirurgen – die Eihaut (auch Embryonal- oder Fruchthülle genannt) des Kindes zu spenden. Diese weist entzündungs- und vernarbungshemmende Eigenschaften auf und enthält sogenannte Wachstumsfaktoren, welche die verletzte Haut darunter schneller heilen lassen.
Wie läuft das ab? Die Spender-Eihaut wird nach einem Kaiserschnitt unter sterilen Bedingungen für die Transplantation präpariert und kann in der Hornhautbank bei -80°C ungefähr ein Jahr gelagert werden, bevor sie zu ihrem Einsatz kommt. Also, wir sind beeindruckt.
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