Können Depressionen die Farbwahrnehmung beeinflussen?

Depressionen beeinflussen die Farbwahrnehmung
Depressionen und Farbwahrnehmung | Quelle: © tolgart / istockphoto.com

Verändern depressive Stimmungen unsere Farbwahrnehmung? Eine Forscherfrage, die sich lohnt: Denn weltweit leiden 300 Millionen Menschen an Depressionen, damit gilt sie heute allgemein als zweithäufigste Krankheit! Und das quer durch alle gesellschaftlichen Schichten.
Übrigens leitet sich der Begriff vom lateinischen „deprimere“ ab, das „niederdrücken“ heißt. Interessante neue Frage: Können uns Farben auch wieder hochbringen?

Farben wirken auf die Psyche. Ist das so?

Schon Johann Wolfgang von Goethe schreibt in seiner Farbenlehre von 1810 jeder Farbe ihren Einfluss auf Körper, Geist, Seele zu. Gelb charakterisiert er als edel und dem Verstande zugehörig, Schwarz als kleiner und Weiß als größer in der räumlichen Wirkung. Wow, der Dichterfürst wusste noch nicht alles, doch erahnte er als Erster einen sinnlichen und sittlichen Zusammenhang von Farben zu unseren Gefühlen, zu Körper und Geist. Goethe legte damit immerhin den Grundstein für eine neue Wissenschaft: die Farbpsychologie.

Wie wirken welche Farben? Ist das immer so?

Farbpsychologen wissen heutzutage, dass die Wirkung von Farben wirklich persönlich ist. Sie ist vom Kulturkreis einer Person, von Instinkten, auch von individuellen Erfahrungen und Gedanken darüber abhängig. Am besten ein Beispiel: Bis vor 100 Jahren trug die Braut in Europa noch Schwarz, in Indien und China ist Weiß die Farbe der Trauer. Du siehst, dass es kulturelle, historische wie auch globale Unterschiede über unsere Farbzuschreibungen gibt: Bei uns tragen die Bräute schon lange am liebsten Weiß. Das symbolisiert Unschuld und Reinheit. Ob sie damit ihr tugendhaftes Wesen ausdrücken möchten, lassen wir mal beiseite. Im Gegenzug dazu spielt Schwarz bei Unheil, Tod und Trauer weit vorne mit. Womit wir mittendrin sind im Thema: Empfinden niedergedrückte, traurige Menschen die Farben in ihrer Umwelt etwa anders? Sehen sie im Wortsinn schwarz?

Schwarzsehen – fehlt es deprimierten Seelen an Buntem?

Stimmt, unsere Laune verändert unsere Wahrnehmung: In trauriger Stimmung reagieren wir zum Beispiel empfindlicher auf Menschenmassen, Lautstärke, auf Musik und auch auf Farben. Eine depressive Verstimmung kann unser Kontrastempfinden vermindern, dann erscheint die Welt einfach grau und trübe.
Der US-amerikanische Wissenschaftler Christopher Thorstenson vom Rochester Institut of Technology zeigte 127 Studenten entweder einen fröhlichen oder einen traurigen Videoclip. Anschließend sollten die Probanden 48 leicht gedämpfte Farbflecken als rot, grün, gelb oder blau identifizieren. Die „traurige-Film-Gruppe“ konnte die Farben deutlich weniger gut zuordnen, insbesondere wenn es um gelbe und blaue Flecken ging.
Die Forschung steckt da noch ganz am Anfang. Man vermutet aber stark, dass der Glücksbotenstoff Dopamin im Spiel ist, der bekanntermaßen unser Wohlbefinden befeuert und wohl auch die visuellen Informationen im Gehirn beeinflusst. Vor allem, wenn es um das Verarbeiten von blauem und gelbem Licht geht. Ein ähnliches Phänomen wurde bei ADHS-Patient*innen festgestellt: Auch ihnen fällt es manchmal schwer, die Farbe Blau wahrzunehmen.

Wir sehen die Welt also nicht, wie sie wirklich ist, sondern sie erscheint buchstäblich von unseren Emotionen und Erwartungen „eingefärbt“. Wenn das so ist, könnten wir umgekehrt davon ja auch profitieren.

Denn andersherum betrachtet:

Welche Farben hellen unsere Stimmung auf?

Tipps für deine Wohnung und die kommende Herbst-/Wintersaison? Bitte schön:
Temperierte Wandfarben von Rot bis Rosa oder Gelb bis Orange wärmen ein Zimmer und heben die Stimmung. Diese Töne wirken fröhlich und energievoll und können, je pastellener aufgetragen, auch ganz „leise“ sein.
Kühle Nuancen von Blau über Türkis bis Grün wirken ausgleichend und beruhigend auf die Psyche. Besonders Grün, die Farbe der Natur, schickt mit seiner neutralisierenden Wirkung nachweislich messbare Entspannung in unser Gehirn.

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