Gibt es einen Blinddarm im Auge?
Wahrheit oder Lüge: Gibt es sowas wie den Blinddarm auch im Auge? Dieser verrückt klingenden Frage gehen wir nach – ohne Ultraschall, Fieberthermometer und hoffentlich auch ohne Bauchschmerzen.
Reichlich Reste: Ohrmuskel, Steißbein, Blinddarm…
… Weisheitszähne und Körperbehaarung. Evolutionäre Überreste wie diese nennt die Biologie auch „Rudimentäre Organe“. Damit gemeint sind nicht mehr vollständig ausgebildete Merkmale, die ihre ursprüngliche Funktion nicht mehr erfüllen (müssen), weil diese im Laufe der Evolution überflüssig geworden ist. Zwei Beispiele: Der Mensch muss seine Ohren nicht mehr aufstellen, trotzdem kann mein Vater mit den Ohren wackeln. Seine Ohrmuskulatur ist offensichtlich besser als meine. Auch die Weisheitszähne stammen aus einer Zeit, in der Frühmenschen an harten Pflanzen und zähem Fleisch viel länger zu kauen hatten. Auch das Steißbein ist ein Überbleibsel. Dieser ehemalige Schwanz tut höllisch weh, wenn du drauf fällst. Doch als unsere Vorfahren die Bäume als Lebensraum verlassen haben, bot ihnen ein Schwanz keinen Evolutionsvorteil mehr. Er wurde immer seltener gebraucht und bildete sich im Zuge der Menschwerdung fast vollständig zurück. Die vier, fünf ineinander verwachsenen Wirbel sind folglich Zeugen der Evolution.
Sind alle rudimentären Organe funktionslos? Der Blinddarm ist es nicht, obwohl man das lange Zeit glaubte. Heute weiß man, dass der Wurmfortsatz, auch Appendix genannt, zu einem funktionalen Teil des menschlichen Immunsystems geworden ist. Er reagiert auf Entzündungen im Körper, auf Erkältungsviren und andere Angriffe auf unser Immunsystem und verwandelte seine ursprüngliche Funktion. Früher unterstützte er die Verdauung von Pflanzen und war viel größer.
Auch ein Rest: Der Augenblinddarm
Anfangs war er ein drittes Augenlid, das sich horizontal übers Auge schieben konnte. Bei manchen Säugetieren, wie zum Beispiel Bibern und Eisbären, kommt es noch in seiner ganzen Ausprägung zum Einsatz, und zwar so: Beim Tauchen schiebt sich die sogenannte Nickhaut vor das offene Auge – man will bei der Unterwasserjagd ja bestens sehen können – und schützt das Auge vor Verschmutzungen im Wasser. Ein drittes Lid, das sich quer übers Auge zieht – spektakulär!
Reste der menschlichen Nickhaut nennen Mediziner*innen „Plica semilunaris conjunctivae“. Kleiner Nerd Alert: „Plica“ heißt Falte, „semilunar“ bedeutet halbmondförmig und „conjunctiva“ ist der lateinische Begriff für Bindehaut.
Als winzig kleines rosa Bändchen, kaum sichtbar sehr dicht am Tränensack, liegt dieses mondsichelhafte Fältchen. Ein zarter Rest, doch ein großer lebendiger Beweis für die Evolutionstheorie.
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