Warum können wir unsere Nase nicht sehen?
Heute stellen wir eine Naseweis-Frage: Warum sehen wir eigentlich nicht ständig unsere Nase? Immerhin sitzt sie prägnant mitten im Gesicht und doch genau zwischen unseren Augen?
Fakt: Wir sehen unsere Nase
Zugegeben unscharf, doch erahnen können wir sie. Probiere es aus. Konzentriere dich auf deine Nase, das geht leichter mit halb geschlossenen Augen oder auch nur mit einem Auge. Obwohl die Nase nicht im direkten Sichtfeld liegt, kannst du so mindestens einen Hauch ihrer Spitze erkennen, stimmts?
Weil wir auf das Wahrnehmen unserer Umgebung angewiesen sind – die Türe, der Baum, die Straßenbahn usw. – senden unsere nach vorne gerichteten Augen die maximal erfassten Eindrücke ans Gehirn. Unser Gehirn wertet diese Bilder aus, es sortiert, assoziiert. Und es filtert Bilder aus. Die ständige Sicht auf die Nase würde uns im Alltag einfach stören. Also wird auch das Bild der Nase herausgefiltert – Bewertung: unwichtig!
Fakt: Was wir sehen, entscheiden nicht die Augen
Unser Gehirn leistet eine Art von Auto-Zensur, die wir erst einmal nicht bewusst steuern. Es will einfach Energie sparen und entwickelt deshalb Muster und Routinen. Die von den Sehnerven übermittelten visuelle Informationen werden gefiltert und nach Wichtigkeit priorisiert. Auf diese Weise können wir unsere Umgebung wirklich effizient erfassen. Das war schon evolutionär von großer Bedeutung. Den Säbelzahntiger in der Ferne zu entdecken, statt auf die eigene Nase fixiert sein, hat schon unseren Vorfahren geholfen.
Fakt: Muster helfen
Was unsere Augen sehen, landet hauptsächlich im hinteren Teil des Gehirns. Dort sitzt das primäre und sekundäre Sehzentrum mit dem tollen Namen „visueller Cortex“. Von dort werden visuelle Informationen an andere Bereiche des Gehirns weitergegeben, zum Beispiel zum „Assoziationskortex“. Der Name sagt schon alles: Er kann Muster erkennen, dadurch komplexe visuelle Eindrücke deuten und ebenso schnell unwichtige Muster ausblenden. Und mit Muster sind nicht nur Tigerstreifen gemeint, sondern auch Linien und Flächen, die das Gesicht einer Person bilden. Oder Buchstaben, ein Wort oder einen ganzen Text, wie diesen, den du gerade liest. Verkürzt könnte man also sagen: Wir sehen mit dem Gehirn.
Fun Fakt: Wenn Augen sich täuschen (lassen)
Das Problem ist, dass der Assoziationskortex uns auch herrlich irreführen kann – genau dann, wenn wir nach Schema F reagieren. Du kennst optische Täuschungen: Zwei Linien erscheinen unterschiedlich lang, weil an den Enden Pfeilspitzen sind, die bei der einen nach außen, bei der andern nach innen weisen. Tatsächlich sind beide gleich lang. Oder dein Zug fährt in den Bahnhof ein, irgendwann schaust du aus dem Fenster und denkst „Ah, wir fahren wieder!“ In Wirklichkeit bewegt sich ein Zug auf dem Gleis nebenan weiter. Die Reize, die das Auge aufnimmt, werden hier vom Gehirn falsch interpretiert. Die Muster – Linie bzw. Bewegung – fehlgedeutet.
Trostpflaster: Wenn du schon mal einen riesigen Pickel mitten auf der Nase hattest, weißt du, dass du ihn morgens siehst, das Bild aber sehr rasch wieder verschwindet und du einen schönen Tag hast (vor allem, wenn du Spiegel meidest). Mit dem Erkennen von Mustern ist der erste Schritt zur Veränderung schon gemacht. Bleibe misstrauisch!
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